Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei. Hier also der dritte und letzte Teil zum Thema „Was mir hilft“.
Im Zusammenhang mit Langzeiterkrankungen ist Selbstliebe absolut hilfreich. Generell halte ich die Selbstliebe für den Schlüssel zu einem erfüllten und zufriedenen Leben. Leider verwechseln immer noch viele Menschen dieses Thema mit purem Egoismus. Wer sich jedoch selbst für sein Wohlbefinden und Glück verantwortlich zeigt, wer weiss, was ihm guttut und es auch tatsächlich macht (!) entlastet seine Mitmenschen. Selbstliebe ist die gesundeste Form, Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen und ist somit ein Segen für meine Mitmenschen.
Im Laufe der Jahre habe ich in Bezug auf meine Krankheit eine Menge Galgenhumor entwickelt. Humor macht manches leichter. Aber mit der Zeit realisierte ich, dass dieser Galgenhumor die Gefahr birgt, dass ich mir gegenüber innerlich verhärte, weil ich gezwungenermassen eine hohe Schmerz- und Leidenstoleranz entwickelte. Umso wichtiger wurde es für mich, bewusst auf meine Bedürfnisse achtzugeben, mich selbst liebevoll zu behandeln. Es galt, die Balance zwischen „auf die Zähne beissen“ und „jetzt ist die Schmerzgrenze überschritten“ zu finden.
Selbstliebe bedeutet auch, für mich einzustehen. Zu akzeptieren, dass mein Körper anders reagiert, dass meine körperlichen Grenzen schneller erreicht sind als mir das manchmal selbst lieb ist. Gerade dann fällt es mir ab und zu verdammt schwer, das zu kommunizieren. Einerseits, weil ich nicht als Weichei dastehen möchte und andrerseits, weil es für meine Mitmenschen nicht immer leicht ist, das zu verstehen. Für die Menschen in meinem Umfeld ist es schlichtweg unmöglich, sich in meine Lage zu versetzen. Ich kann nicht einfach erwarten, dass der andere weiss, wie ich mich fühle. Möchte ich also, dass man mir mit Respekt und Toleranz begegnet, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich mitzuteilen. Klar zu sagen, wie ich gerne behandelt werden möchte.
Zu sich selbst zu stehen, heisst auch, sich nicht abhängig davon zu machen, was die anderen über mich denken. Das war für mich ein Lernprozess, ich dem ich übrigens immer noch stecke. So trug ich beispielsweise jahrelang keine Röcke oder kurzen Hosen mehr, um meine scheckige Haut (bedingt durch die Vitiligo) zu verbergen. Nachdem ich mir ein paar Sommer lang die Seele aus dem Leib geschwitzt hatte, wurde es mir piep egal, ob die Leute auf meine Haut starren. Seither trage ich wieder Kleider, in denen ich mich wohl fühle. Auch habe ich aufgehört, mir eine Ladung Kortison reinzuballern, wenn ich gerade wieder mal einen Urtikaria-Schub im Gesicht durchmache. Heute getrau ich mich auch mit „Quasimodo-Gesicht“ und dicker Lippe unter die Leute und lächle einfach zurück, wenn sie starren. Die Leute denken eh über mich, was sie wollen. Darauf habe ich keinen Einfluss. Und egal, was du machst, irgendwer findet es sowieso Kacke. Also habe ich aufgehört, mir zu viele Sorgen darüber zu machen, was die anderen von mir denken.
Für mich war es auch wichtig zu lernen, “Nein” zu sagen. Gerade, wenn du die Tendenz hast, es immer allen recht machen zu wollen, dich gerne hinten anstellst, dann fällt dir die Verwendung dieses kleinen Zauberwortes am Anfang richtig schwer. Aber seit ich meinen Blickwinkel ein klein wenig verschoben habe, fällt mir der Gebrauch um einiges leichter. Ein “Nein” zu jemandem heisst gleichzeitig ein “Ja” zu mir. Letztlich fahre ich und mein Gegenüber mit einem liebevollen Entscheid für mich auf Dauer besser als mit einem halbherzigen “Ja” zu einer Sache, wo ich eigentlich weiss, dass sie mir nicht guttut.